#51 Unsere Kinder und das Handy – welche Auswirkungen es wirklich hat
- Martin Dollhäubl

- 19. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Vielleicht kennst du das Bild: Ein Kind sitzt im Kinderwagen, die Eltern schieben es, und in den kleinen Händen liegt – ein Smartphone. Schon Zweijährige wischen über den Bildschirm, als hätten sie nie etwas anderes getan. Und irgendwie wirkt es ja auch praktisch: Das Kind ist ruhig, die Eltern haben ihre Ruhe.
Aber der Preis ist hoch.
1. Aufmerksamkeit und Konzentration
Kinder brauchen Langeweile. Ja, richtig gelesen. Denn nur wenn sie mal nichts zu tun haben, beginnt ihre Fantasie zu arbeiten: Sie erfinden Spiele, träumen, werden kreativ. Das Handy nimmt ihnen diese kostbaren Momente. Stattdessen gibt es bunte, schnelle Reize, die ständig wechseln. Das Ergebnis: Die Fähigkeit, sich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren, schrumpft. Da darf es uns nicht wundern, wenn unsere Kinder handwerklich immer weniger begabt sind und schon das saubere Schneiden von Papier in der Volksschule zum Problem wird.
2. Schlafprobleme
Auch Kinder reagieren empfindlich auf das blaue Licht der Bildschirme. Es stört die Ausschüttung von Melatonin – genau wie bei uns Erwachsenen. Viele Eltern wundern sich, warum ihre Kinder abends nicht einschlafen können oder unruhig träumen. Dabei liegt die Antwort oft direkt in der Hand: zu viel Bildschirmzeit kurz vor dem Schlafengehen.
3. Emotionale Entwicklung
Ein Kind lernt Gefühle nicht durch Emojis, sondern durch echte Gesichter. Wenn Mama lächelt, wenn Papa die Stirn runzelt, wenn die Stimme sanft oder streng klingt – all das sind Signale, an denen Kinder ihre Welt verstehen lernen. Zu viel Zeit vor dem Handy bedeutet weniger echte Interaktion. Das kann dazu führen, dass Kinder später Schwierigkeiten haben, Emotionen bei anderen zu erkennen oder mit den eigenen Gefühlen umzugehen.
4. Körperliche Auswirkungen
Wer viel sitzt und auf einen Bildschirm starrt, bewegt sich weniger. Bei Kindern, die eigentlich rennen, klettern, toben und balancieren sollten, kann das die motorische Entwicklung bremsen. Auch Haltungsschäden und Übergewicht sind immer häufiger eine Folge.
5. Wie es früher war
Weißt du noch, wie unsere Kindheit aussah – bevor jeder ein Handy in der Tasche hatte? Wir sind nach der Schule rausgegangen, haben uns mit Freunden am Fußballplatz getroffen, im Wald Hütten gebaut oder einfach stundenlang Fangen gespielt.
Wenn wir uns mit jemandem verabreden wollten, dann haben wir angerufen – auf dem Festnetz! – und wenn der andere nicht da war, sind wir eben spontan vorbeigegangen. Und manchmal war niemand zu Hause. Dann haben wir gewartet, oder wir haben einfach etwas anderes gemacht.
Wir hatten Langeweile, und genau daraus sind die besten Ideen entstanden: Wasserschlachten, Radrennen, Verstecken im Maisfeld, erste Mutproben. Heute wird Langeweile sofort mit einem Bildschirm überdeckt.
Kinder haben kaum mehr die Chance, sich selbst zu beschäftigen – weil das Handy alles sofort liefert: Unterhaltung, Ablenkung, schnelle Befriedigung.
Aber genau das, was wir früher im Alltag gelernt haben – Geduld, Kreativität, zwischenmenschliche Nähe – fehlt heute oft.
6. Was wir tun können
Es geht nicht darum, das Handy komplett zu verbannen. Kinder wachsen in einer digitalen Welt auf – sie müssen lernen, damit umzugehen. Aber bewusst.
Klare Bildschirmzeiten: Vereinbare feste Zeiten, die altersgerecht sind.
Vorbild sein: Kinder machen nicht, was wir sagen – sie machen, was wir tun. Wenn du ständig am Handy bist, werden sie es auch sein.
Alternative Erlebnisse schaffen: Spielen, Basteln, draußen toben. Dinge, die echte Erfahrungen und Erinnerungen schaffen.
Handyfreie Abende: Spätestens eine Stunde vor dem Schlafen sollte das Handy weggelegt werden – für Kinder und Eltern.
Fazit
Das Handy ist faszinierend und verführerisch – für Kinder noch viel mehr als für uns Erwachsene. Aber wir tragen die Verantwortung, wie viel Raum wir ihm geben.
Kinder brauchen keine perfekt kuratierten TikToks. Sie brauchen Dreck unter den Fingernägeln, echte Freunde, Streit und Versöhnung, Umarmungen, Fantasie und Langeweile.
Denn genau daraus wächst das, was sie stark macht fürs Leben.
Meine eigene Erfahrung
Ich möchte dir an dieser Stelle auch etwas Persönliches erzählen. Mein Sohn spielte früher sehr gerne Minecraft. Irgendwann dachte ich mir: „Na gut, schauen wir doch mal, was das eigentlich ist.“ Also habe ich es ausprobiert – und ich muss ehrlich zugeben: Auch mich hat es gepackt.
Dieses Spiel hat eine unglaubliche Sogwirkung. Man baut, erschafft, entdeckt – und ehe man sich versieht, sind Stunden vergangen. Es war faszinierend, keine Frage. Doch das Ergebnis war für mich alles andere als positiv:
Ich merkte plötzlich, dass ich nicht mehr richtig visualisieren konnte. Wenn ich mir etwas vorstellte, tauchten in meinem Kopf keine runden oder weichen Bilder mehr auf. Alles erschien nur noch in Blöcken – so, wie es in Minecraft eben dargestellt wird.
Das hat mir eindrücklich gezeigt, wie stark solche digitalen Einflüsse auf unser Gehirn wirken. Sie verändern nicht nur die Zeit, die wir investieren, sondern sogar die Art und Weise, wie wir denken, fühlen und Bilder in unserem Inneren erschaffen.
Gerade bei Kindern, deren Vorstellungskraft und Kreativität noch in voller Entwicklung sind, kann das gravierende Folgen haben.



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