#56 Warum fürchten wir uns vor Krebs so sehr?
- Martin Dollhäubl

- 19. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Es gibt wohl kaum eine andere Krankheit, die in uns so viel Angst auslöst wie Krebs. Warum ist das so?
Könnte es daran liegen, dass fast jeder von uns jemanden kennt, der an Krebs gestorben ist? Dass wir Geschichten hören, die voller Schmerz, Leid und Hoffnungslosigkeit sind? Und könnte es sein, dass diese Bilder und Erinnerungen wie ein unsichtbares Echo in uns weiterleben?
Vielleicht liegt es auch daran, dass wir gelernt haben, Krebs sofort mit etwas Endgültigem zu verbinden. Wenn wir das Wort hören, scheint in vielen Köpfen automatisch ein ganz bestimmtes Bild zu entstehen – ein Bild von Verlust, Trauer und Abschied. Doch was wäre, wenn dieses Bild nicht die einzige Möglichkeit wäre, die Realität zu sehen?
Wenn ich mich in der Küche schneide, dann weiß ich: Ein Pflaster drauf, ein paar Tage Geduld, und es heilt von alleine. Ich habe dieses Vertrauen, weil ich es schon unzählige Male erlebt habe. Ich weiß, dass mein Körper sich in solchen Fällen selbst helfen kann.
Doch warum haben wir dieses Vertrauen nicht, wenn es um schwerwiegendere Krankheiten geht? Könnte es vielleicht daran liegen, dass wir über manche Krankheiten von klein auf eine ganz bestimmte „Geschichte“ erzählt bekommen? Dass wir in Filmen, Büchern oder Nachrichten fast ausschließlich die tragischen Seiten sehen?
Das, was wir über Krankheiten lernen – ob in der Schule, in den Medien oder im persönlichen Umfeld – prägt möglicherweise unseren Blick. Psychologen würden hier von „Priming“ sprechen: Unser Gehirn wird auf eine bestimmte Spur gesetzt, und sobald das Wort „Krebs“ fällt, ruft es sofort all die negativen Assoziationen ab, die es abgespeichert hat.
Doch was wäre, wenn unser Bild unvollständig ist? Was wäre, wenn es auch Geschichten gibt, in denen Menschen ganz anders mit dieser Diagnose umgehen? Geschichten von Hoffnung, von Stärke, von neuen Wegen? Und was wäre, wenn unsere innere Haltung – zumindest in irgendeiner Form – einen Einfluss darauf hätte, wie wir mit Herausforderungen umgehen?
Ich sage hier ganz bewusst: Ich weiß es nicht. Aber ich frage mich, ob unsere Gedanken und unser inneres Bild nicht mindestens genauso wichtig sein könnten wie die äußeren Umstände.
Vielleicht wäre es ein erster Schritt, uns zu fragen: Welche Geschichten erzähle ich mir selbst? Welche Bilder rufe ich in mir hervor, wenn ich das Wort „Krebs“ höre?
Und könnte es vielleicht hilfreich sein, diese inneren Bilder bewusst zu hinterfragen?
Angst entsteht oft aus dem Gefühl der Ohnmacht. Doch was wäre, wenn wir uns erlauben würden, die Perspektive zu wechseln? Nicht in blinder Hoffnung, sondern in der bewussten Entscheidung, dass auch andere Bilder in uns Platz haben dürfen.



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